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Testdatum
20.01.2023
Spieler offline
1
Spieler online
bis 6
System
Playstation 5
Entwickler
From Software
Schlagwörter

Reiten

Kämpfen

Fliehen

Sterben

Erkunden
Einführung
Der Hype um Elden Ring war und ist erstaunlich. Die Mehrzahl der Kritiker*innen sind sich einig, dass hier ein Meisterwerk erschaffen wurde. Durch die stetig niederprasselnde und überschwängliche Berichterstattung, erzielt Elden Ring eine immense Sogwirkung, der man sich als Spiel interessierter Mensch kaum entziehen kann.
Ist Elden Ring also ein Titel, den man nicht verpassen darf und muss man ein schlechtes Gewissen haben, wenn man sich nicht für Elden Ring interessiert? Die Antwort ist ein klares: Nein! Im Folgenden liefere ich hierfür ein paar gute Gründe und erläutere warum man Elden Ring auch beruhigt links liegen lassen kann.
Wie störend man, die im Weiteren angesprochenen Aspekte empfindet, ist natürlich höchst subjektiv und die folgende Erbsenzählerei könnte man sicherlich bei vielen Spielen betreiben. Bei Elden Ring ist es allerdings meiner Ansicht nach nötig dem Jubelsturm ein zartes Windchen Kritik entgegen zu pusten. Bevor es jedoch mit dem Gemecker und Gemäkel über Elden Ring losgeht, noch ein kurzer Exkurs zum Thema Schwierigkeitsgrad.
Schwierigkeit
Erscheint ein neues Spiel von From Software, so geht meist eine Diskussion um das Thema Schwierigkeitsgrad und Zugänglichkeit einher.
Ich werde das Thema hier nur zu Beginn kurz anschneiden, da ich es nicht unter den Kritikpunkten aufführen möchte. Ich kann verstehen, warum man aus Aspekten des Spieldesigns keine unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade implementieren möchte. Das Erfolgsgefühl einen bestimmten Abschnitt bewältigt zu haben, ist bei vielen Spieler*innen sicher ungleich höher, wenn eine Anpassungsmöglichkeit des Schwierigkeitsgrades NICHT besteht. Allerdings sehe ich das "gate keeping", unter einigen Souls-Spielern, als problematisch an. Hier bildet sich ein vermeintlich elitärer, teilweise toxischer Kreis von selbst ernannten Hardcorespielern, die gerne unter sich bleiben wollen und jegliche Diskussion um Zugänglichkeit mit den Worten: "Dann spielt doch einfach etwas anderes!" abwürgen.
Elden Ring ist auf jeden Fall ein schweres Spiel und daher fallen Unzulänglichkeiten in der Steuerungsmechanik mehr ins Gewicht, als bei anderen Titeln (Diese Unzulänglichkeiten gibt es z.B. bei Returnal - einem ähnlich schweren Spiel - nicht). Die Kombination von Schwierigkeitsgrad und (gewollten!?) Nachlässigkeiten in der Steuerung haben bei mir jedenfalls immer wieder für Frustmomente gesorgt.
Kritikpunkte
Der Frust mit den Pfeilen
Da ich in Ghost of Tsushima richtig Spaß am Bogenschießen hatte, freute ich mich darüber, dass die Samurai Klasse in Elden Ring zu Beginn einen Langbogen zur Verfügung hat. Diese Freude schlug aber sehr schnell in Frust um, als ich das erste Mal den Langbogen zückte und auf einen Gegner anlegte. Das Bogenschießen in Elden Ring fühlt sich an, als würde man mit Dartpfeilen werfen. Die Flugkurve und die geringe Geschwindigkeit der Geschosse sind unglaubwürdig. Nimmt man dazu noch das fehlende Feedback beim Abgeben eines Schusses, so wird das Treffen eines beweglichen Ziels zum Glücksspiel bzw. unmöglich. Gerne bleiben Pfeile auch in der Mauer vor der Spielfigur stecken, obwohl man diese beim Zielen gar nicht sieht. Das Bogenschießen macht schlichtweg keinen Spaß und fühlt sich ganz und gar falsch an. Nachdem ich meine ersten 20 Pfeile verschossen hatte, habe ich den Bogen weggesteckt und bisher nur noch benutzt, um riesige Gegner zu erlegen, die in Türen festhingen, doch dazu später mehr. Wie Bogenschießen besser geht, zeigen zahlreiche andere Spiele, wie z.B. Ghost of Tsushima, Kena - Bridge of Spirits, oder eigentlich jedes andere Spiel, welches das Schießen mit Pfeil und Bogen unterstützt.

Hier einige klägliche Versuche mit dem Langbogen einen fliegenden Gegner zu treffen.
Faulheit oder Ignoranz
Es gibt viele gute Gründe, warum man den Controller mal kurz aus der Hand legen muss. Der/die Partner*In möchte kurz etwas besprechen, oder man möchte einen Schluck trinken, oder sich kurz erleichtern. Als Eltern hat man noch das Szenario des erwachten Kindes, dass sofortige elterliche Fürsorge benötigt. In anderen Spielen drückt man in solchen Fällen entspannt einen Knopf und pausiert damit das Spiel. In Elden Ring funktioniert das leider nicht.
In einem Online Spiel, mit mehreren Teilnehmer*innen, ist das Fehlen dieser Funktion ja nachvollziehbar, spielt man aber offline, dann gehört das Pausieren für mich zur Standardausstattung eines Spiels. In Elden Ring bleibt keine andere Wahl, als den Tod der Spielfigur in Kauf zu nehmen, sollte man innerhalb eines Kampfes spontan den Controller zur Seite legen müssen. Sollte dies eine absichtliche Designentscheidung sein, so ist sie schlichtweg dumm, bestraft sie doch nur diejenigen, die sich auf Grund äußerer Umstände nicht in jedem Moment 100% ins Spiel vertiefen können. Andere Gründe für das Fehlen dieser Funktionalität, können meiner Ansicht nach ansonsten nur noch in Faulheit oder Ignoranz gefunden werden.
Performance/Framerate/Popups
Dieses Thema ist für mich persönlich gar nicht so wichtig, da ich auch Spaß hatte "X-Wing" in 15fps auf meinem 386er PC zu spielen. Da es allerdings in der Vergangenheit zu großen Abwertungen bei Spielen geführt hat, möchte ich an dieser Stelle doch kurz auf das Thema eingehen. Man merkt relativ schnell im Spiel, dass die PS5 Version von Elden Ring - selbst im Performance Modus - teilweise Probleme hat, die Framerate zu halten (Ruckler) und Teile der Welt (manchmal riesige Grasflächen) sehr spät aufploppen. Elden Ring sieht zwar sehr gut aus, aber dass es auf den "Next-Gen" Konsolen auch ohne Ruckler und störende Pop-ups geht, haben andere Titel schon gezeigt.
Dumm wie Brot
In Elden Ring trifft man oft auf Gegner, die sich in einem mehr oder weniger weit fortgeschrittenen Stadium des körperlichen Verfalls befinden. Dieser Verfall scheint sich aber in den meisten Fällen auch auf ihre geistigen Fähigkeiten bzw. ihre Umgebungswahrnehmung auszuwirken. Dies mag eine allgemeine Designentscheidung der Entwickler*innen sein, die für viele Gegnertypen stimmig ist. Insgesamt passt für mich die schwache Gegner KI aber nicht in das sonstige Konzept eines fordernden Spiels. Es gibt z.B. Gegnerklassen, welche nicht mit der Wimper zucken, wenn man in unmittelbarer Nähe einen Kameraden meuchelt, auf der anderen Seite aber teilweise aus hundert Metern Entfernung den Beschuss mit Armbrüsten aufnehmen. Auch das Umgehen von Hindernissen scheint für die Intelligenz vieler Gegner eine zu große Herausforderung darzustellen.


In obigen Videos das Verhalten einiger Gegnern, wenn man sich von Ihnen entfernt, oder sich nähert.
Warum es manchmal Wölfe regnet, habe ich übrigens auch noch nicht herausgefunden. (siehe Video links unten). Der Riese passt irgendwie nicht durch das Tor, will es aber nicht wahrhaben.


Die dürftige KI führt dazu, dass manche Gegner sehr einfach erledigt werden können, in dem man ihre Dummheit ausnutzt. Achtsamkeit ist trotzdem geboten, denn manchmal scheitert man doch noch an der mangelhaften Kollisionsabfrage, in dem man Treffer durch solide Mauern oder Wände kassiert.
Türen und Wände - irgendwie doch dasselbe?
In Elden Ring kann es schon mal vorkommen, dass man von einer Gegnerattacke getroffen wird, die durch eine massive Steinmauer hindurchdringt. Gleichzeitig sind, trotz dem Vorhandensein von Türen, Gegner teilweise nicht dazu in der Lage Räume zu verlassen, was zu absurden Situationen führen kann. Während man also gemütlich durch die Türe auf einen Gegner im Raum einprügelt, muss man beim Zurückweichen nun doch darauf achten, dass man nicht zu nah an der massiven Mauerwand steht, da man ansonsten von den gegnerischen Attacken getroffen wird. In den unteren Videos schnappt der "Tyrannohund" einfach mal durch die Wand. Ein schlauer "Tyrannofuchs" würde ja vielleicht um die Ecke gehen, da die Hütte hinten offen ist?!


Benutzeroberfäche aus der Hölle
Anhänger der Soulsreihe mögen damit zu Recht kommen, aber die Bedienoberfläche im Inventar- und Charaktermenü stammt direkt aus der Designhölle und sieht aus als wäre sie einem schlechten "Einsteigerbuch für Spieleentwicklung" der späten 90er Jahre entsprungen. Auch hier mag Minimalismus im Design als Prämisse herangezogen werden, aber wie man einer so wunderschön gestalteten Karte eine so unzugängliche und hässliche Bedienoberfläche für das Inventar und die Charaktereigenschaften gegenüberstellen kann, ist mir unerklärlich.
Am Anfang habe ich mich bei Dingen, wie "Objektherstellung", "Waffenverbesserungen" und "Charakterfortschritt" stets gefragt, ob ich dafür noch ein spezielles Item brauche bzw. einen NPC treffen muss, oder ob ich nur zu dumm bin, den entsprechenden Abschnitt in der Bedienoberfläche zu finden.
Das ist ärgerlich, denn so vertrödelt man viel Zeit in der hässlichen Menüstruktur, die man besser in der spannenden Spielwelt verbringen möchte.
Das Umschalten der verschiedenen Items in der Schnellauswahl ist übrigens auch eine Katastrophe (Oh wie oft habe ich rollend und mein Inventar durchschaltend das Weite gesucht, um mir endlich einen Heiltrank einzuverleiben)
Mit dem Degen mal daneben
Ich verstehe ja durchaus, dass nicht bei jedem Druck auf die Angriffstaste, unabhängig von der Positionierung der Spielfigur zum Ziel, ein Treffer gelandet werden muss. Sticht man aber wiederholt gefühlt 10cm neben ein relativ statisches Ziel, da der eigene Charakter um ca 1,8 Grad falsch ausgerichtet ist, ergibt das einfach keinen Sinn. Dies schadet der Immersion und vermiest dem Spielenden neben den Bögen auch noch das Spiel mit Stichwaffen. Untiges Beispiel ist meiner Ansicht nach ein weiterer Nachweis für Schlampigkeit bei der Entwicklung der Spielmechanik.

Haltet Stift und Block parat
Na, wie oft habt ihr in den letzten 20 Jahren noch einen Bleistift und einen Block in einem Videospiel gebraucht? Bei Elden Ring gehört es zu Eurer Grundausstattung, wollt ihr nicht endlos die Landschaft nach dem einen schweigenden NPC absuchen, der in einem Halbsatz erwähnt hatte, zu welcher Tageszeit ihr in welche Ruine gehen müsst, um eine gewisse Questreihe auszulsösen. Leider auch eine Designentscheidung, die nur dazu führt, dass man Nebenaufgaben links liegen lässt, oder dann eben doch Google fragt. (Hier wurde in einem Patch nachgebessert, so dass man nun die NPCs auf der Karte wiederfindet.)
Ein Fingers des Befleckten oder doch eine goldene Statue des Beringten - der Multiplayer
Der kooperative Mehrspielermodus in Elden Ring könnte so schön sein. Man lädt Freund*innen in sein Spiel ein, streift gemeinsam durch die Welt und erlebt Abenteuer und epische Bosskämpfe. Doch stattdessen malträtiert einen das Spiel mit Items, manche davon auch noch Verbrauchsgegenstände, die man an vorher abgestimmten Stellen in der jeweilgen Spielwelt benutzen muss. Hat man es geschafft und zieht zusammen durch die Welt, dann ist der Spaß auch schon wieder, sollte ein Spieler das Zeitliche segnen und man darf das Prozedere wiederholen.
Fallschaden
An steilen Abgründen kann man in Elden Ring glitzernde Steinchen nach unten werfen. Zerspringen diese, überlebt man den Sprung nach unten nicht! Bleiben Sie heil, so ist der Sprung sicher. Als Softwareentwickler weiß ich genau, wie es zu diesem zweifelhaften "Feature" im Spiel kam:
Vermutlich zu einem sehr späten Zeitpunkt in der Entwicklung des Spiels, stellt eine Tester*in fest, dass es völlig unintuitiv ist, ob man einen Sprung überlebt, oder nicht. So lassen kann man es nicht, die Alternative wäre ein komplettes Redsign der Welt, was zu diesem Zeitpunkt komplett illusorisch ist, also sucht man nach alternativen Lösungen, die einfach zu implementieren sind und erfindet die zerspringenden Steinchen und preist es als großartiges Feature. Der Rest ist Geschichte....
Monetarisierung und Glücksspielmechaniken
Keine
Gering
Auffällig
Stark
Extrem
Es gibt keine Mikrotransaktionen im Spiel. Bis auf die ein oder andere Trefferphysik gibt es keine Glücksspielmechaniken im Spiel. ;-)
Updates und Erweiterungen
Die allgemeine Performance des Spiels wurde mit Patches verbessert und einige Comfortfunktionen, wie die Markierung von NPCs auf der Karte wurden nachträglich hinzugefügt. Ein DLC ist angekündigt und wird kostenpflichtig veröffentlicht. Man findet im Hauptspiel aber keine offensichtlichen Hinweise bzw. nicht vollendete Storylines, welche das Hauptspiel unfertig erscheinen lass
Stressfaktor
Entspannung
Kein Stress
Anstrengend
Stress
In den Kämpfen ist das Spiel auf Grund des Schwierigkeitsgrades und der Gegneragressivität sehr anstregend. Gerade in dunklen Dungeons tauchen Gegner unvermittelt auf und attackieren die eigene Spielfigur. Die Bosskämpfe erzeugen über mehrere Minuten hinweg eine hohe Stressbelastung und zusätzlich kann das Spiel während der Kämpfe nicht pausiert werden.
Zusammenfassung
Elden Ring ist trotz aller aufgelisteten Schwächen natürlich ein sehr gutes Spiel. Es ist stimmungsvoll und spannend und bietet so viele Freiheiten wie wenige Spiele es tun. Es befreit das Open World Genre aus der Umklammerung, der mit Questmarkern zugekleisterten Weltkarten und weckt so im großen Maße den eigenen Erkundungsdrang.
Was mich nun persönlich nach ca 80h vom Beenden des Spiels abgehalten hat, war das Grinden von Runen, dass für mich relativ am Ende nochmals nötig gewesen wäre, um meinen Charakter noch ein paar Stufen zu verbessern. Ich hatte in den späteren Abschnitten des Spieles mit kleineren Gruppen von Standardgegnern einfach zu viele Schwierigkeiten, so dass mich irgendwann die Motivation verlassen hat. Ich hatte aber trotzdem meist eine gute Zeit in Elden Ring und wenn man es verkraften kann ein Spiel auch mal unbeendet zur Seite zu legen, dann kan man sich auch als nicht "Souls-Spieler" an das düstere Abenteuer wagen.